Lohnt es sich, sich als Physiotherapeut selbstständig zu machen?
Ganz klar, viele Physiotherapeuten beschäftigen sich frĂĽher oder später mit dem Gedanken, mit dem eigenen Handwerk in die Selbstständigkeit zu starten. Die Anreize sind verständlich. Eine freie Zeiteinteilung, die uneingeschränkte Umsetzung eigener Idee und durchaus auch das vermeintlich höhere Einkommen – allesamt verlockende GrĂĽnde.
Bei all den möglichen Sonnenseiten, die das Dasein als selbstständiger Physiotherapeut bietet, solltest du allerdings bedenken, dass im Zuge dieses Vorhabens auch einiges an Hürden und Einschränkungen auf dich wartet. Besonders hervorzuheben ist hier der ökonomische Aspekt.
Dieser spielt natürlich für jeden Selbstständigen eine zentrale Rolle, wird aber innerhalb des Gesundheitssektors, zu dem die Physiotherapie zählt, noch etwas komplizierter. Hier wirst du als Selbstständiger in deiner Preisgestaltung maßgeblich durch die Kostenübernahmebereitschaft der Krankenkassen und die Vorgaben der ärztlichen Gewerbeverordnung beeinflusst.
Gerade deshalb empfehlen wir dir, wenn du mit dem Gedanken der Selbstständigkeit spielst, dir im Vorfeld ausreichend Know-How diesbezüglich anzueignen und eine detaillierte Kalkulation durchzuführen. Diese dient dazu, deinen Verdienst als Angestellter mit dem realistisch möglichen Einkommen als selbstständiger Physiotherapeut zu vergleichen.
So eine Unternehmung soll sich schließlich auch finanziell für dich lohnen. Die Grundlagen, die du für eine solche Berechnung benötigst, findest du hier.
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Die Berechnung der selbstständigen Aktivität
Um den Verdienst als angestellter und als selbstständiger Physiotherapeut wirksam vergleichen zu können, müssen wir zunächst den Stundensatz angleichen. Die monatliche Regel-Arbeitszeit beträgt für Arbeitgeber 162 Stunden. Bevor wir mit dieser Zahl weiterrechnen, nehmen wir an, dass es sich bei dem Selbstständigen um den Betreiber einer Einzelpraxis handelt.
Mithilfe dieser Annahme können wir nun den prognostizierten Umsatz pro Stunde berechnen. Bei einer durchschnittlichen Behandlungsvergütung von 15,60€ durch die Krankenkassen und der dafür angesetzten Zeit von 30 Minuten ergibt sich ein stündlicher Umsatz von 31,20€.
Wenn wir diesen Betrag nun mit den 162 Arbeitsstunden multiplizieren, kommen wir auf einen monatlichen Gesamtumsatz von 5.054€. Da der Ausfall von Terminen und den damit verbundenen Einnahmen auch berĂĽcksichtigt werden muss, ziehen wir 25% dieses Wertes ab – es verbleiben 3.791€.
Zu guter Letzt muss dieser Wert noch an die tatsächliche Anzahl von Arbeitstagen eines Angestellten angepasst werden. Mit der Berücksichtigung von Urlaub, sowie Kranken- und Feiertagen ergibt sich ungefähr ein Zeitraum von 2 Monaten, die ein Angestellter fernab der Arbeitsstelle verbringt.
Die verbleibenden 10 Monate multiplizieren wir schließlich mit dem Monatsumsatz von 3.791€ und teilen das Ergebnis durch 12, um einen realistischen Vergleichswert zu erhalten. Das Ergebnis liegt bei 3.309€.
Die Kosten, die einen selbstständigen Physiotherapeuten erwarten
Da wir jetzt eine grobe Vorstellung haben, wie es sich mit dem Umsatz unserer Ein-Mann-Praxis verhält, müssen wir nun natürlich die Kosten in das Gesamtbild einbeziehen. Am offensichtlichsten sind da die Mietkosten. Ein bewährter Richtwert für eine kleine Praxis liegt hier bei 500€ im Monat, dieser kann aber je nach Standort und Lage davon abweichen.
Dazu gesellen sich Telefonkosten von um die 50€, Kosten für eine Reinigungskraft von etwa 100€ und die monatlichen Ausgaben für Steuer- und Rechtsberatung, für die wir den Richtwert 150€ anwenden. Außerdem müssen Strom, Wasser und weitere Neben- und Materialkosten bewältigt werden. Wir rechnen mit 75€ im Monat.
Der größte Kostenanteil wird meistens durch die Versicherungsbeiträge ausgemacht. Die Kosten für Kranken- und Rentenversicherung plus den persönlichen Versicherungen des Unternehmers bewegen sich bei etwa 800€. Im Regelfall wird vor Eröffnung der Praxis zudem ein Kredit aufgenommen, um die Herrichtung der jeweiligen Immobilie zu finanzieren.
Zu Beginn kommen da nochmal Kosten von ungefähr 500€ auf dich zu. Summa Summarum ergibt sich nach Addition all dieser Kostenpunkte eine Gesamtsumme von 2.175€. ErnĂĽchternd, wenn wir uns an den zuvor berechneten Monatsumsatz von 3.309€ erinnern – vor Steuern bleiben dir hier nur noch 1.134€.
Von einem finanziellen Standpunkt betrachtet sieht die Tätigkeit als selbstständiger Physiotherapeut also zunächst mal recht mau aus.
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Ist es dann überhaupt möglich, sich als Physiotherapeut selbstständig zu machen?
Das ist bei unseren bisherigen Berechnungen eine berechtigte Frage. Jedoch ist die Antwort klar, da es ja zahlreiche selbstständige Physiotherapeuten im Land gibt. Damit das funktioniert, müssen einige Faktoren unserer Standard-Rechnung verändert werden.
So ist es beispielsweise nicht unüblich, das Betreiber kleiner Praxen diese in einer bereits im Besitz befindenden Immobilie, wie z.B. einem Mehrfamilienhaus, unterbringen. Damit werden die Mietkosten gespart und die Gewinnspanne vergrößert. Außerdem kommt es vor, dass selbstständige Physiotherapeuten in einer Einzelpraxis oft mehr als die 162 Regelstunden arbeiten.
Damit erhöht sich natürlich auch der absolute Umsatz, relativ gesehen ändert es aber nichts am Sachverhalt.
Der am stärksten verbreitete Lösungsansatz für unser Problem liegt jedoch in der Bekämpfung an der Wurzel. In unserer Kalkulation haben wir uns durchläufig auf die Beitragszahlungen der Krankenkassen als Richtwert gestützt. In der Realität sieht es aber so aus, dass die meisten Physio-Praxen zusätzlich dazu eine Eigenbeteiligung der Patienten verlangen.
Das ist in den meisten Fällen schlichtweg unvermeidbar, da die Tätigkeit als selbstständiger Physiotherapeut ansonsten bestenfalls ein wenig lukratives Unterfangen darstellt, dass so der anspruchsvollen Natur des Berufsbildes nicht gerecht wird. Viele Physiotherapeuten setzen zu dem auf spezialisierte Angebote, wie etwa fasziale oder neurologische Behandlungstechniken.
Schlussendlich bleibt es dir überlassen, wie du dich auf dem Markt etablieren willst. Mit etwas Kreativität und Unternehmergeist muss der Einstieg in die Selbstständigkeit als Physiotherapeut alles andere als klamm ausfallen.
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